Von Schildkröten und Hasen am micelab:stammtisch

27. 06. 2022 1 Kommentare

Silvan Schuppisser/Unsplash

Wir waren zwei Jahre lang in Zeitlupe unterwegs. Jetzt überholen wir uns selbst, wollen alles schnell erledigen, wir stolpern, vergessen. Haben wir während Corona verlernt, uns zu organisieren?

Der virtuelle micelab:stammtisch wurde ins Leben gerufen, um auch nach der micelab:expedition über den Bodensee hinweg in Verbindung zu bleiben. Im Juni tauschten sich Mitarbeiterinnen der Insel Mainau und Kongresskultur Bregenz aus, welche Taktiken es braucht, um aus dem Hamsterrad rauszukommen, in das wir nach den Lockdowns geraten sind.

Zwei Jahre Slow Motion
Nach zwei Jahren Leben in Slow Motion ist es gar nicht so leicht, sich wieder ans Tempo zu gewöhnen, stellte die Stammtisch-Runde fest. Der Anspruch, alles sofort machen zu müssen, stresst. „Wesentliches ist zwar umgesetzt, aber die Kreativität bleibt auf der Strecke“, bedauerte Christina. Und Dinge verschieben? Der Stapel würde nur größer und bliebe unerledigt, so die Befürchtung. Dann lieber das Hamsterrad.

Haltung des micelab:bodensee hilft
Dazu kamen einige Lösungen auf den stammtisch: Die Grundhaltung des micelab:bodensee hilft Simone: zuerst ankommen zu dürfen, um sich auf ein Thema einzulassen. „Augen zu, durchatmen, zur Ruhe kommen, anfangen.“ Diesen Zugang will sie sich im Alltag bewahren.

Offen kommunizieren
Host Sabine meinte: „Wir brauchen Mut, unseren Kunden zu sagen: Ich erledige gerne alles für Sie. Schritt für Schritt. Und merken plötzlich: Die Leute haben Verständnis dafür.“ Inspirationsquelle für Lösungen war ihr das Buch „All you need is less“ von Niko Paech und Manfred Folkers. Und ihr Zugang aus der Meditation: „Ich nehme dich wahr und erledige dich, wenn ich kann“, fasste sie zusammen. Es sei nur wichtig, Kunden zu signalisieren: „Ich habe Ihr Thema gesehen.“ Es verleiht innere Ruhe, wenn das Gegenüber weiß, woran es ist. Offene Kommunikation als Schlüssel.

Tempo drosseln
Manche ordnen sich digital. Projektmanagement-Tools wie Microsoft 365 Admin, One Note oder Trello helfen dabei, den Überblick zu bewahren. Die Visualisierung schafft Ordnung im Chaos, indem Aufgaben priorisiert werden. „Man bewertet die Dinge und kann auch leichter Nein sagen“, meinte Ursula. Der Mut zur berühmten Lücke hilft ihr, Tempo rauszunehmen. Andere setzen auf den bewährten Ringblock, Post-its oder die Eisenhower-Methode: Dabei teilt man Aufgaben in wichtig/unwichtig und sofort/warten ein. So fällt vermeintlich Dringendes schnell aus dem Raster.

Trefft euch wieder
„Die Aktivitäten sind wieder komplexer und wir versuchen immer noch, alles über Mail und Online-Tools abzuwickeln wie während der Lockdowns. Wir haben sogar vergessen, dass wir uns treffen können“, stellte Sabine fest. Nadine: „Schon allein mit anderen über ein stressiges Projekt zu sprechen, nimmt viel Druck raus und bringt Energie, die man als Einzelkämpfer nicht hat.“ Also raus aus dem stillen Kämmerlein. Persönliche Begegnungen sind der Bringer.

Dass das Arbeitstempo passt, merkt man übrigens daran, dass man sich wie die Schildkröte fühlt. Denn Schildkröten können dir mehr über den Weg erzählen als Hasen, besagt ein chinesisches Sprichwort, mit dem Sabine den Stammtisch eröffnete.

 

Buchtipp: „All you need is less: Eine Kultur des Genug aus ökonomischer und buddhistischer Sicht“

Kurzbeschreibung des Verlags oekom: Achtsamkeit und Nachhaltigkeit sind zu Modebegriffen geworden. Sie sind aber ebenso zentrale Pfeiler der aktuellen Suffizienz-Bewegung und der jahrtausendealten Lehre des Buddha. Mit Niko Paech und Manfred Folkers loten zwei Experten aus, welche Potenziale die beiden Denkrichtungen mitbringen, um unseren zerstörerischen Wachstumspfad zu verlassen. Über eine provokante Abrechnung mit den Wachstumstreibern kapitalistischen Wirtschaftens und das Besinnen auf die Tugenden eines konsumbefreiten Lebens.

Link zum Buch


Fotos:
Schildkröte: Craig Pattenaude/Unsplash
Hase: Silvan Schuppisser/Unsplash

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Kommentar von Sabine Neufang |

das ist eine super Zusammenfassung und belegt, wie groß unser Vertrauen untereinander ist. Denn es ist nicht unbedingt selbstverständlich, dass man zugibt, da habe ich gerade eine Herausforderung mit.
Danke

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